Imaginative Therapieverfahren

... theoretisch bekannt, aber selten verwandt

 

Obwohl inzwischen unzählige wissenschaftliche Abhandlungen über die Effektivität imaginativer Verfahren, sowie deren Einsatz im Zusammenhang mit unterschiedlichen Beschwerdebildern verfasst wurden, trifft man sie in der psychotherapeutischen Praxis immer noch selten an.

 

Bekannt sind imaginative Vorgehensweisen aus der Hypnotherapie, bei der Exposition in sensu zur Behandlung von Angststörungen und bei der Anwendung der EMDR im Umgang mit der PTBS.

 

Im Vordergrund steht hier der so genannte „Intermediärraum“ nach Winniecott, wo sich Erinnerungen, Vorstellungskraft und Fantasie, sowie Spiel- und Experimentierfreude treffen. Auch „Selbstheilungskräfte“ lassen sich dadurch mobilisieren. So ermöglicht die Stuhl- und Gestaltarbeit nach Perls die Identifikation internalisierter Introjekte, und die Focusing-Methode nach Gendlin fördert Mentalisierungsfähigkeit. Aus eigener Erfahrung, sowohl aus Therapeuten-, als auch aus Klientenperspektive, kann ich guten Gewissens bestätigen, dass das Eintauchen in die Welt der inneren Bilder eine geeignete Möglichkeit ist, um maligne Strukturen zu überwinden und ungeahnte Ressourcen zu aktivieren.

 

Jeder kennt Traumreisen, welche Kindern gerne dargeboten werden, um ihnen den Zugang zur Entspannung zu erleichtern. Erwachsene tun sich häufig schwer, kognitive Kontrollmechanismen als effektive Abwehrfunktionen zu entlarven und zugunsten „böser“ Überraschungen auf sie zu verzichten. Auf rein rationaler Ebene ist es geradezu müßig, genügend innere Distanz aufzubauen, um innewohnende Abläufe und Strukturen, welche seit Jahrzehnten manifestiert wurden, als kontraproduktiv einzuordnen.

 

Für einen ungefilterten Zugang zu Denkmustern und emotionalen Verstrickungen, aber auch zu ungeahnten Energien und Lösungsansätzen, gilt es einige Voraussetzungen zu beachten:

 

Der Kontakt zwischen Klient*In und Therapeut*In ist selbstverständlich von Vertrauen und Verlässlichkeit geprägt. Als Arbeitsgrundlage dienen ausschließlich Wahrnehmungen und Empfindungen der Klient*In, keinesfalls die Vorstellungen und Maßstäbe der Therapeut*In. Psychoedukation, Abläufe und „Spielregeln“ sind transparent zu kommunizieren und flexibel an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Klient*In anzupassen.

 

Ich benutze verschiedene imaginative Verfahren bei der Auseinandersetzung mit dem „inneren Kind“ und internalisierten Anteilen (verinnerlichte Stimmen mit suboptimaler Wirkung auf die Lebensqualität), aber auch im Rahmen der Expositionstherapie. In diesem Zusammenhang werden innere Helfer installiert, ein sicherer Ort, sowie die Begegnung mit der Trauma-auslösenden Situation vorsichtig angebahnt, durchlebt und ggf. weiterge“sponnen“.  Auch eine begleitete Innenweltreise kann Erkenntnisse bringen und die eigene Handlungsfähigkeit stärken, Denkmuster kippen und neue Ressourcen eröffnen.